Für die Erzdiözese Freiburg
Individuelle Heizstrategien für sechs historische Kirchen
Eine besondere Herausforderung
Jede Heizstrategie in einer historischen Kirche bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach einer möglichst behaglichen Nutzung, bauphysikalischen Anforderungen zum Erhalt von Gebäude und Ausstattung und dem Anspruch, den Energieverbrauch zu optimieren. Gradmesser beim Ausloten der Möglichkeiten ist grundsätzlich die relative Luftfeuchte im Kirchenraum. Lage, Bauweise und Ausstattung von Kirchen können sehr unterschiedlich sein. Deshalb ist jede Kirche individuell zu betrachten.
Zwischen Temperatur und Feuchte – ein Spannungsfeld
Historische Kirchen sind meist ungedämmt, undicht und bauphysikalisch nicht auf eine Beheizung ausgerichtet. Gänzlich unbeheizt bleibt ihre Temperatur konstant bei ca. 8 Grad und die relative Luftfeuchte bei 60 bis 70 %. Für den Erhalt der historischen Ausstattung sowie des Gebäudes selbst ist dieses Klima günstig, für den Besuch von Gottesdiensten nach heutigem Dafürhalten zu kalt. Aus diesem Grund werden Kirchen heute in der Regel beheizt.
Unbedachtes Heizen droht jedoch das Raumklima schädigend zu verändern. Denn warme Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf als kalte, wodurch die relative Luftfeuchte sinkt. Historische natürliche Baustoffe wie z.B. Holz stehen in direktem Feuchteaustausch mit der Raumluft und reagieren empfindlich auf jede Veränderung. Für sie ist es wichtig, im Kirchenraum konstant eine relative Feuchte zwischen 45 und max. 70 Prozent zu erhalten. Innerhalb dieser Werte lässt sich neben Schimmel auch die Kondensation von Feuchtigkeit an kalten Wänden vermeiden, die zu Verschmutzungen führt.
Bei den meisten historischen Kirchen ergibt sich daraus ein Temperaturfenster zwischen einer Grundtemperatur von 8 Grad und ca. 13 Grad bei der Nutzung. Um Bauwerk und Interieur vor großen Schwankungen zu schützen, sollte die Differenz nicht mehr als 5 Grad betragen und nur behutsam um max. 1 Grad pro Stunde verändert werden. Wichtig ist auch, für eine angemessene Lüftung zu sorgen.
„Der klimagerechte Umgang mit historischen Sakralgebäuden erfordert große Sorgfalt und eine besondere Expertise. Gut, dass wir Partner wie die Energieagentur Regio Freiburg in unserem Netzwerk haben.“
Claudia Dambacher, Projektleiterin Energie & Klima in Kirchen
Benedikt Schalk, Stellv. Leiter der Diözesanstelle für Schöpfung und Umwelt
Im Auftrag der Erzdiözese Freiburg
Die Erzdiözese Freiburg will als erste Diözese Deutschlands bis 2030 klimaneutral werden. Um dies zu erreichen, hat sie alle vorhandenen Heizsysteme kategorisiert und sieben verschiedene Standardtemperierungsmodelle für historischen Kirche geschaffen. Die Eignung des jeweils relevanten Modells galt es bei der Entwicklung von Heizstrategien für sechs historische Kirchengebäude zu allererst zu überprüfen.
Gewünscht war darüber hinaus eine individuelle Empfehlung mit konkreten Maßnahmen, wie der jeweilige Kirchenraum möglichst schonend und kosteneffizient temperiert und sinnvoll belüftet werden kann. Dabei sollten die Bedürfnisse der Gemeinden, das Nutzungsprofil, die Anforderungen an das Raumklima sowie technische Voraussetzungen berücksichtigt werden.
Ein Ziel, sechs Kirchen, sechs Lösungen!
Zustand und Handlungsbedarf waren in den sechs begutachteten Kirchengebäuden sehr unterschiedlich. Das Spektrum empfohlener Schritte reichte von rein organisatorischen bis hin zu hoch investiven Maßnahmen. Bestand in der Kirche St. Nikolaus in Furtwangen/Schönenbach die Dringlichkeit, möglichst sofort in einen neuen Wärmeerzeuger samt Regelung zu investieren, reichte es in der katholischen Kirche St. Sebastian in Alt-Simonswald kurzfristig aus, einfach die Raumtemperatur etwas abzusenken. Doch auf lange Sicht lohnt es sich auch hier, über einen Wärmeverbund mit dem danebenliegenden Gemeindezentrum und dem Kindergarten nachzudenken. Welche klimafreundliche Heizvariante die aktuelle Ölheizung optimal ersetzen kann, sollte ein gesondertes Energiegutachten ergeben.
Eine von sechs: Die historische Pfarrkirche St. Georg in Ehrenstetten
Die Ausgangslage
- Enorme Heizkosten durch zu hohe Temperaturen und fast dauerhaften Aufheizbetrieb
- Teilweise kritisches Raumklima für Interieur und Bausubstanz
- Dezentrale Warmluftheizung (Erdgas) mit ca. 20 Jahre altem Heizkessel
- Defekter Konvektor im Altarbereich
Unsere Herausforderung
- Die Heizstrategie kurzfristig gering investiv zu verbessern
- Lüftungsempfehlungen zur Vermeidung von zu viel Feuchtigkeit zu entwickeln
- Ein nutzungsgerechtes, gleichzeitig bauphysikalisch günstiges Raumklima zu schaffen
- Energie und Kosten einzusparen
- Eine langfristig optimale Heizstrategie ggf. mit baulichen Veränderungen zu prüfen
Unsere kurzfristige Empfehlung – gering investiv
- Austausch der defekten Zeitschaltuhr für die Kirchenheizungsregelung
- Kalibrierung vorhandener Temperaturfühler
- Sukzessives Absenken der Nutzungs- und Basistemperatur auf 13°C bzw. 8 °C
- Reparatur, ggf. Erneuerung des Konvektors im Altarbereich
- Nur minimale Lüftung in der ersten Jahreshälfte zur Vermeidung von Feuchtigkeit
Unsere langfristige Empfehlung – optimierend
- Einbau einer neuen Heizungsregelung mit Feuchtevorrangschaltung
- Kontinuierliche Überwachung durch Temperatur- und Feuchtesensoren
- Ggf. Einbau einer Lüftungsampel oder einer automatischen feuchtegesteuerten Lüftung
- Energiegutachten mit Heizvariantenvergleich zur Klärung des zukünftig optimalen Wärmeerzeugers, möglichst unter Einbezug erneuerbarer Energien
Das schaffen wir damit
- Den schadensfreien Erhalt des Kirchengebäudes samt Ausstattung
- Eine nutzungsoptimierte und dabei raumklimatisch schonende Kirchenbeheizung
- Langfristige Energie- und Kosteneinsparung
- Eine Lösung, die sich innerhalb weniger Jahre amortisiert
- Einen wichtigen Baustein zum Erreichen der kirchlichen Klimaziele